Carsten Menge von Keko macht sich für Inklusion stark.
Frankfurt, 23. November 2023
Beschäftigte aus Werkstätten für Behinderte lassen sich mitunter gut in die reguläre Arbeitswelt integrieren. Wie das funktioniert, verrät Carsten Menge, Geschäftsführer von Keko. Die Fullservice-Agentur in Frankfurt beschäftigt an ihrem Empfang seit kurzem einen „Menschen mit Beeinträchtigung“. Dafür war ein Perspektivwechsel nötig.
Wer beginnt, sich mit dem Thema Inklusion zu beschäftigen, trifft schnell auf sperrige Wort-Ungetüme. Ein gutes Beispiel ist der Begriff „Betriebsintegrierter Beschäftigungsplatz“, kurz BiB. So lautet die offizielle Bezeichnung für einen Arbeitsplatz, der von einer Werkstatt für behinderte Menschen in private und öffentliche Betriebe verlagert wird. Vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Arbeitskräftemangels liegt darin für Unternehmen ein enormes Potenzial, das jedoch häufig fast völlig unbeachtet bleibt.
Der Grund: Die wenigsten Unternehmen haben konkrete Vorstellungen von den Leistungen, die in Werkstätten erbracht werden. Statt des weitverbreiteten Klischees vom „Schraube rein- und rausdrehen“ reicht die Bandbreite nämlich von Wäscherei-Services bis zur Datenarchivierung. Dadurch sind viele der Menschen, die hier arbeiten, durchaus in der Lage, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu wechseln. Diese Möglichkeit nutzten wir erst kürzlich in der Agentur Keko, um unseren Empfang mit einem neuen Beschäftigten zu besetzen.
Vorurteile und Berührungsängste
Dieser Schritt resultierte unter anderem aus der langjährigen Zusammenarbeit mit VIA Berlin, einem der größten sozialen Träger der Bundeshauptstadt. Dabei konnte die Agentur weitverbreitete Vorurteile und Berührungsängste gegenüber Menschen mit Behinderung aus nächster Nähe beobachten und entschied sich deshalb, auf den direkten Kontakt von Mensch zu Mensch zu setzen. Und das erwies sich als voller Erfolg – bei unseren Mitarbeitenden genauso wie bei unseren Kunden.
Denn schon in kurzer Zeit wurden deutliche Veränderungen sicht- und fühlbar. Menschen, die zunächst mit Vorbehalten in die Situation hineingegangen waren, begannen ehrliches Interesse zu zeigen und sich offen mit dem Thema auseinandersetzen. Zudem übertrug sich die Wertschätzung, die dem neuen Beschäftigten entgegengebracht wurde, auf das gesamte Team und verstärkte so ein Klima des Miteinanders. Nicht zuletzt begannen Kunden, sich konkret darüber zu informieren, wie der Weg zu einem BiB aussehen kann.
So funktioniert die Inklusion
Für den Einstieg bieten sich Initiativen wie der Aktionstag Schichtwechsel an. Sowohl Werkstätten als auch Unternehmen öffnen dabei ihre Türen und ermöglichen Austausch auf Augenhöhe. Mitarbeitende aus Unternehmen bekommen Einblicke in die Vielfalt der Produkte und Dienstleistungen der Werkstätten und können selbst bei den Arbeitsprozessen mitwirken. Beschäftigte der Werkstätten schnuppern im Gegenzug in Berufsfelder des allgemeinen Arbeitsmarkts hinein und lernen Unternehmen näher kennen.
„Durch das ‚Budget für Arbeit‘ werden dauerhaft bis zu 75 Prozent des Lohns subventioniert.“
Soll es danach einen Schritt weitergehen, können Unternehmen auf umfangreiche staatliche Unterstützungen zählen. Dazu gehört neben einer kompetenten fachlichen Begleitung, die bei der Integration in das neue Arbeitsumfeld und allen Fragen rund um die Beschäftigung zur Seite steht, auch die finanzielle Unterstützung durch das „Budget für Arbeit“. In diesem Rahmen werden dauerhaft bis zu 75 Prozent des Lohns subventioniert, auch wenn der Mitarbeitende letztlich vollständig aus der Werkstatt in das Unternehmen wechselt.
Praktikum zum gegenseitigen Kennenlernen
Bei Keko startete die Integration zunächst mit einem mehrwöchigen Praktikum, währenddessen sich beide Seiten in Ruhe beschnuppern konnten. Im zweiten Schritt folgte die Einrichtung des BiB. Der Mitarbeiter bleibt in dieser Phase weiterhin in der Werkstatt angestellt, sodass er zurückkehren kann, falls die Arbeit körperlich oder psychisch doch zu belastend sein sollte. Denn vor allem zu Beginn gilt es für beide Seiten zu lernen, was im Einzelnen wichtig ist, um Überforderung zu vermeiden.
Nicht zuletzt deshalb ist ein grundlegender Perspektivwechsel das A und O, um dieses Modell mit Erfolg für sich nutzen zu können. Unternehmen, die ihre offenen Stellen traditionell besetzen, indem sie eine Person eins zu eins gegen eine andere austauschen, werden mit dem BiB-Modell ihre Schwierigkeiten haben. Wer aber den Menschen sieht und nach seinen Fähigkeiten einstellt, dem steht grundsätzlich mehr Potential zu Verfügung.Bei Keko soll es übrigens nicht bei diesem einen BiB bleiben. Die ersten Erfahrungen waren agenturintern so positiv, dass bereits weitere inklusive Arbeitsplätze in Planung sind. Dazu zählt unter anderem ein Assistent beziehungsweise eine Assistentin für mich als Geschäftsführer. Meine Vorstellung: eine Zusammenarbeit, bei der sich zwei Menschen gegenseitig assistieren.
Über den Gastautor
Carsten Menge ist seit 2021 Geschäftsführer der Fullservice-Agentur Keko. Davor hatte er mehrere Posten im Beratungsbereich, zuletzt war er Head of Customer Relations. Während seiner Tätigkeit für Keko war er federführend an der Gründung des Standorts in Singapur beteiligt und betreute sämtliche Töchter von Porsche. Heute ist er für alle 90 Porsche-Zentren in Deutschland zuständig. Seit 2015 zählen diverse Unternehmen aus der Sozialbranche zu seinen Kunden, mit denen er gelebte Inklusion vorantreibt.